Poldark - Im Licht des schwarzen Mondes by Winston Graham

Poldark - Im Licht des schwarzen Mondes by Winston Graham

Autor:Winston Graham [Graham, Winston]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin
veröffentlicht: 2016-05-31T22:00:00+00:00


6

Im Lauf des Winters hatte Caroline die meisten Herrenhäuser dazu gebracht, Getreide an die Armen zu verteilen, obwohl sie selbst kaum genug hatten. Man konnte auch keines kaufen, nicht einmal für einen geziemenden Preis, da die Schiffe keinen Zugang zu den europäischen Häfen hatten. In London gab es mehr Todesfälle als in irgendeinem anderen Jahr seit der Pestwelle von vor hundertdreißig Jahren. In Sawle und Grambler litten viele Menschen an Verdauungsbeschwerden, die von dem ausschließlichen Genuss von zu frischem Gerstenbrot und schwachem Tee herrührten.

Trotz der Sorge um das tägliche Brot waren Sam und Drake und ein Dutzend anderer Männer inzwischen eifrig dabei, das Grundstück bei Wheal Maiden für den Bau des Versammlungshauses vorzubereiten. Ross bereute längst, dass er ihnen die Erlaubnis gegeben hatte, zollte ihrer Entschlossenheit aber widerwillig Bewunderung.

Eines Tages, als Ross gerade zu Caroline hinübergeritten war, die nun sechs französische Emigranten in Killewarren beherbergte, versuchte Demelza gerade neue Stockrosen zu säen. Sie stand bei dem Fliederbusch neben der Vordertür, da sah sie, wie ein Mann auf einem Pony, das viel zu klein für ihn war, das Tal entlanggeritten kam. Als er den Fluss überquert hatte, zog er seinen zerbeulten Hut, und nun sah sie, dass seine andere Hand, mit der er die Zügel hielt, ein eiserner Haken war.

»Guten Morgen, Madam. Sind Sie Mrs Poldark?«

»Ja.«

»Die Frau vom Hauptmann?«

Sie nickte. Er grinste, wobei er eine Reihe schadhafter Zähne entblößte, und stieg vom Pferd. Er war groß, in mittlerem Alter, und wäre ohne die entstellende Narbe ein gutaussehender Mann gewesen.

»Ist der junge Hauptmann da?«

»Meinen Sie Hauptmann Ross Poldark? Nein, er ist fort.«

»Aha … Freut mich, Sie kennenzulernen, Madam. Mein Name ist Bartholomew Tregirls. Der Hauptmann hat sicher von mir erzählt.«

Demelza nickte, konnte sich aber nicht mehr recht erinnern. Sie wusste nur noch, dass Tregirls Ross das Pony verkauft hatte.

Doch Tholly Tregirls klärte sie sofort auf. Er sei ein enger Freund des alten Hauptmanns Joshua und auch ein Freund und Kamerad von Hauptmann Ross, als der noch ein Junge gewesen war. Sie hatten gemeinsam gefischt, miteinander gerungen, den Mädchen nachgestellt, gespielt. Wilde Burschen waren sie gewesen. Während Tregirls das erzählte, musterte er Demelza halb respektvoll, halb unverschämt.

Demelza nickte, lächelte, sagte ja und nein und versuchte ihrerseits, Tregirls einzuschätzen. Schließlich lud sie ihn zu einer Tasse Tee ein. Erfreut folgte er ihr ins Haus und saß wie ein großer Bär im Wohnzimmer. Er war sich noch immer nicht ganz schlüssig über seine Gastgeberin, da sie in kein Schema zu passen schien.

Ein gefährlicher Mann, dachte Demelza. Tregirls sah wie ein Pirat aus, wie ein Mensch, für den Gesetz und Recht sich nach seinen persönlichen Bedürfnissen zu richten hatten.

Tregirls nahm seine Teetasse in Empfang, betrachtete sie wie ein Wunderwerk aus einer anderen Welt und schien zu überlegen, ob sie essbar sei. Dann nahm er einen Schluck Tee. »Ich hab Hauptmann Ross schon gewarnt, dass ich irgendwann mal wieder hier in die Gegend komme, weil ich doch in St. Ann’s zu Hause bin, außerdem habe ich zwei Kinder hier und dachte, ich muss sie mal besuchen.«

»Ross wird es sehr bedauern, dass er Sie verpasst hat«, sagte Demelza.



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